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Zuckerdiät/Kohlehydratdiät bei Vaginalpilzinfektionen Titelbild

Zuckerdiät/Kohlehydratdiät bei Vaginalpilzinfektionen

Ich lese im Internet immer wieder, dass man durch eine Zuckerdiät den Pilz aushungern kann. Was halten Sie davon?

Die gängigste aller Meinungen zur „Behandlung“ von wiederkehrenden Pilzinfektionen ist die so genannte Zuckerdiät, also Vermeiden von Kohlehydraten, besonders Verzicht auf Süßigkeiten und Weizenprodukte. Nahezu jede Frau berichtet mir beim Erstgespräch, dass sie in irgendeiner Form eine solche Diät durchgeführt, dies aber nichts gebracht hätte. Der Zusammenhang mag logisch erscheinen, denn es ist bekannt, dass sich Pilze vor allem von Zucker ernähren. So gibt es auch bei Diabetikern eine Erhöhung der Pilzanfälligkeit. Allerdings weiß man auch von wissenschaftlichen Studien, dass eine provokante Zuckereinnahme nicht zu einer gesteigerten Rate an Pilzinfektionen führt. In einer amerikanischen Studie wurden freiwillige College-Studentinnen in 2 Studienarme eingeteilt, von denen die eine Gruppe täglich eine hochkonzentrierte Zuckerlösung trank. Nach mehr als einem Monat Beobachtungsdauer wurden Vaginalabstriche durchgeführt. Es konnte hinsichtlich des Auftretens von Scheidenpilz kein Unterschied zwischen dieser Gruppe und der Vergleichsgruppe, die keinen Zuckerbelastungstest durchführte, gezeigt werden.
Ein Zusammenhang zwischen alimentär (also durch die Nahrung) aufgenommenen Zucker und vaginalen Pilzinfektionen ist zumindest sehr unwahrscheinlich.
Aber warum hält sich dieses Gerücht so hartnäckig, warum wird die zuckerfreie Diät immer wieder von Ärzten empfohlen, warum liest man davon so oft in Internetforen und warum gibt es sogar mehrere Bücher zu diesem Thema? Ich würde sagen, dass Menschen (Mediziner wie Nicht-Mediziner) gerade in Bereichen, in denen es an Erklärungsmodellen mangelt, eher zum Glauben tendieren und gewisse Empfehlungen auch mehr oder weniger notgedrungen nacherzählen.
Die Erklärung für den fehlenden Zusammenhang zwischen Süßigkeiten und vaginalem Zuckervorkommen gibt, ist eigentlich ganz einfach. Die Scheide versorgt sich nämlich selbst mit Zucker, und zwar durch die körpereigenen Hormone. Östrogen, das wichtigste Hormon der Frau, produziert in der Scheide eine Form von Zucker. Dieser Zucker ist nun einmal die Hauptnahrungsquelle für Bakterien und Pilze. Da wir die Laktobazillen in bestimmten Bereichen unbedingt benötigen, hat die Natur (stammesgeschichtlich gesehen – also seit Jahrtausenden) Möglichkeiten geschaffen, um den Zuckergehalt auch in Zeiten von weniger süßem Nahrungsangebot zu gewährleisten. Zu diesem Zweck existieren im Körper einige physiologische und biochemische Prozesse, die, ohne ins Detail gehen zu wollen, letztlich in die Bereitstellung von Zucker aus anderen Komponenten, wie Fett, Proteinen und Aminosäuren münden. Zusammengefasst verfügt die Vagina über eine eigene „Zuckerfabrik“, die weitgehend unabhängig vom durch Nahrung beeinflussten Blutzucker ihren eigenen Zucker bereitstellt. Aus diesem Grund kommt es auch in Zyklusphasen mit hohen Östrogenspiegeln (um die Zyklusmitte) zu mehr Zuckerangebot und dadurch eher zu Pilzinfektionen.

Eine kohlehydratarme Diät mag aus anderen Gründen hilfreich sein, für die Therapie und Prophylaxe von wiederkehrenden Pilzinfektionen ist sie jedoch nicht geeignet.

Symbolbild
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